Kapitel 24: Sommerferien Teil 2
Noch während sich Lucinda wünschte, dass George bei ihr wäre, pochte es kräftig gegen eines der Glasfenster, ihres Leuchtturm-Zimmers. Erschrocken riss sie die Augen auf und blickte von einem Fenster zum nächsten, bis sie erblickte, was gegen die Fensterscheibe geklopft hatte. Da schwebte George, auf einem Besen, vor dem Fenster und winkte ihr grinsend zu. Schnell eilte sie zu der Türe, die auf den schmalen Rund-Um-Balkon führte und öffnete diese. “George? Was bei Merlin machst du denn hier?”, fragte sie und wank den Rothaarigen in ihr Zimmer herein. Sachte lies der Weasley den Besen ins Zimmer gleiten und landete. “Ich konnte nicht mehr warten und musste dich einfach noch heute sehen. Deswegen bin ich her appariert und dann mit dem Besen hoch geflogen. Verdammt, Luce, ich hab dich so sehr vermisst.” Mit seinen Worten hatte er den Besen achtlos fallen lassen und die Brünette letzten Endes fest in seine Arme geschlossen. Ihr Kopf ruhte auf seiner Brust und Lucinda sog den Geruch von George tief in sich ein. “Wann musst du wieder heim?”, nuschelte Lucinda in Georges Hemd. “Spätestens zum Sonnenaufgang sollte ich zurück sein. Sonst wird sich Mum Sorgen machen.”, wisperte George und küsste den Haaransatz seiner Freundin.
Sachte schwang das Bett von Luce vor und zurück, während sie an George gekuschelt darin lag. So hatte George ihr erzählt, was in den letzten Wochen in Hogwarts passiert sei, dass Alec darum gebeten hat, sie möge ihm schreiben und auch, was im Hogwarts-Express passiert war. “..und dann sind Crabbe lauter kleine Tentakeln aus dem Gesicht gewachsen. Auf jeden Fall war es sehr interessant und hat Fred und mir eine weitere Idee für unsere Nasch-und-Schwänz-Leckereien eingebracht. Und weil Harry uns das Preisgeld vom Turnier geschenkt hat, können wir jetzt in den Ferien weiter experimentieren.”, erzählte George und gestikulierte wie wild mit den Armen. “Deine arme Mum. Sie wird enttäuscht sein, dass du und Fred nicht im Ministerium anfangt.”, neckte Lucinda den Rothaarigen ein bisschen. “Glaub mir, sie wird heil froh sein, wenn wir ihr eröffnen, dass wir nicht ins Ministerium gehen. Percy hat sich heute Abend mit unseren Eltern gezofft, wegen dem Ministerium. Es ging soweit, dass er seine Tasche gepackt und ausgezogen ist. Alles nur, weil er zu Fudges Juniorassistenten befördert worden ist und gesagt hatte, er müsse im Ministerium gegen Dads schlechten Ruf ankämpfen.”, erzählte George mit düsterer Stimme. “Das ist doch lächerlich. Dein Dad ist ein liebenswerter Mensch. Was für einen schlechten Ruf soll er denn bitte schön haben?”, regte sich Luce auf, hatte sie Mr. Weasley seit letztem Sommer in ihr Herz geschlossen. “Das ist es ja. Percy behauptet, Dad wäre nicht ehrgeizig genug und das sei der Grund, warum wir immer – du weißt schon – nie viel Geld hatten und so … Wir glauben allerdings, dass Percy nur deshalb befördert wurde, damit der Minister über Dumbledores Schritte informiert wird. Ist schließlich kein Geheimnis, dass meine Eltern und Dumbledore befreundet sind. Aber dann kam es noch schlimmer. Er – Percy – sagte, es sei idiotisch sich überhaupt mit Dumbledore abzugeben und wir werden mit ihm untergehen. Und wenn sie dem Ministerium nicht die Treue halten, so wie er, dann wären sie Verräter, mit denen er nichts zu tun haben möchte.” Betretenes Schweigen setzte ein, was nur durch das leise knarzen der Halteseile des Bettes durchbrochen wurde. “Klingt ziemlich übel, was bei dir daheim abgeht. Mein Dad steht, soweit ich das mitbekommen habe, hinter Dumbledore.”, gähnte Lucinda. “Jetzt sollten wir aber so langsam schlafen, wenn du vor Sonnenaufgang wieder daheim sein willst.”, murmelte die Brünette und kuschelte sich noch ein bisschen näher an George heran. “Du hast Recht. Schlaf gut, Dandelion.” Mit diesen Worten schlang George seinen Arm um Lucinda, gab ihr einen Gute-Nacht-Kuss ehe beide zügig einschliefen.
Im Fuchsbau begann der Tag noch weit vor dem Morgengrauen. Konnte Molly Weasley nach dem gestrigen Streit mit ihrem Sohn kaum schlafen. So schlurfte sie in der Dunkelheit in die Küche. Ein paar Zauberstabschlenker später erhellte Licht die Küche und sie hielt eine Tasse frisch aufgebrühten Kräutertee in der Hand. Lautlos seufzte die Rothaarige, als ihr Blick zu einer ganz speziellen Uhr wanderte, von welcher man keine Zeit ablesen konnte. Sie bestand aus neun Zeigern, für jedes Familienmitglied einer, und außen herum standen Dinge wie “auf Arbeit”, “unterwegs”, “im Garten”, “in Lebensgefahr” oder auch “im Krankenhaus” waren auf dieser Uhr zu sehen. Seit Percy Weasley am gestrigen Abend das Haus verlassen hatte, stand sein Zeiger auf “entschwunden”.Die Porzellantasse zerbrach klirrend auf dem Küchenboden und ein spitzer Schrei entfuhr Molly, war neben Percys Zeiger ein Weiterer. Der von George. Hastig eilte Molly die knarzenden Stufen zum Schlafzimmer der Zwillinge hinauf und riss die Türe auf. “Lumos!”, sprach sie außer Atem und erhellte somit den Raum. “Mum?”, kam es verschlafen aus Freds Bett, der sich langsam aufsetzte und seine Augen rieb. “Wo ist dein Bruder?!”, fragte Molly und ihre Stimme wirkte leicht hysterisch. Nun blickte Fred auf das verwaiste Bett seines Zwillings. “Keine Ahnung.”, brummte Fred und runzelte die Stirn. “Einfach so zu verschwinden. Habt ihr aus dem Vorfall von vor drei Jahren, mit dem Ford Anglia, denn nichts gelernt? Wenigstens eine Nachricht hätte er schreiben können.” Kraftlos setzte sich Mrs. Weasley auf das Bett ihres verschollenen Sohns. Da Fred nicht wusste, was er sagen sollte, setzte er sich einfach neben seine Mutter und legte ihr den Arm um die Schultern. “Mum… Ihm geht’s bestimmt gut. Du wirst sehen, zum Frühstück ist George sicher wieder da.” Mit diesen Worten brachte Fred seine Mutter wieder hinunter in die Küche, wo er ihr erst einmal eine weitere Tasse Kräutertee zubereitet und dann die Sauerei auf dem Fußboden beseitigte.
Etwas kitzelte Lucinda an der Nase, weshalb sie diese leicht kraus zog, doch davon ging das kitzelnde Gefühl nicht weg. “Hatschi!”, nieste sie und blinzelte in den hellen Raum hinein. “Gesundheit.”, murmelte es neben ihr in den Kissen. “George?”, fragte sie und setzte sich im Bett auf. “Hm?” “Wir haben verschlafen!” “Wir können nicht…. Oh, Hexenkessel! Mum bringt mich um!!!” Nun saß auch der Rotschopf aufrecht im Bett und starrte zum Fenster hinaus. Die Sonne stand noch nicht sonderlich hoch, aber George konnte das ‘vor Sonnenaufgang zu Hause sein’ vergessen. “Es besteht nicht zufällig die Chance, dass noch alle bei dir daheim schlafen?”, hoffnungsvoll sah Luce George an, der nur stumm den Kopf schüttelte. “Mum steht immer mit den ersten Sonnenstrahlen auf, um die Hühner zu füttern.”, murmelte er betreten. “Soll ich dann wenigstens mitkommen und dir Beistand leisten?” Zärtlich nahm George das Gesicht von Luce in seine Hände, ehe er seine Stirn an die Ihre legte. “Das kann und will ich dir nicht an tun. Aber, dass du mit mir in die Höhle des Löwen gehen willst, dafür lieb ich dich so sehr.”, flüsterte er und verschloss die zum Protest geöffneten Lippen von Lucinda. Aus dem Kuss wurde eine wilde Knutscherei, die George dann aber doch bedauernd beendete. “So gern ich hier auf weiter machen will… Ich muss wirklich nach Hause, Luce.” Seufzend nickte sie. “Ich weiß.” Der Rothaarige sammelte seinen Besen vom Boden auf, ehe er auf den Balkon trat. “Wir sehen uns später, ja?”, vergewisserte er sich noch bei Lucinda, die ihm zuversichtlich zunickte, dann gab es ein lauteres “Plopp” und schon war George verschwunden.
Die Sonne war auch über dem Fuchsbau aufgegangen. Fred döste am Küchentisch, während seine Mutter die Hühner gefüttert hatte, und dann, ganz untypisch, das Geschirr vom Abend per Hand aufwusch. Plötzlich klapperte das Gartentürchen und wie ein Tornado stürmte Molly aus dem Haus. “Armer Georgie.”, brummte Fred, der sich vorstellen konnte, wie seine Mum den Zwilling rund machen würde, doch das Geschrei aus dem Garten blieb aus. Von der Neugier getrieben, stand Fred nun doch vom Tisch auf und spähte zum Küchenfenster hinaus. Da stand seine Mum und umarmte einen wesentlich größeren, rothaarigen, jungen Mann. “Bill!”, rief Fred überrascht aus, hatte er seinen Bruder das letzte Mal vor drei Jahren gesehen, als sie Urlaub in Ägypten gemacht hatten. Molly führte ihren ältesten Sohn in die Küche. “Was verschafft uns die Ehre deines Besuchs?”, wollte sie wissen und wischte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. “Darf ich meine Familie nicht einfach mal so besuchen kommen?”, wollte Bill wissen und setzte sich an den Küchentisch. “Doch natürlich, mein Lieber. Normalerweise schreibst du aber, wenn du kommst.” Der leichte Tadel in Mollys Stimme war keinem verborgen geblieben. “Es ist so, Mum, ich werde vermutlich nicht nach Ägypten zurück kehren.”, eröffnete Bill und spielte an dem Drachenzahn herum, den er als Ohrring trug. “Oh nein! Sag mir nicht, dass sie dich gefeuert haben. So einen guten Fluchbrecher wie dich, werden sie nicht wieder finden.” “Beruhig dich Mum. Ich bin nicht gefeuert worden. Ich hab mich hier auf einen Bürojob beworben, damit ich helfen kann.”, erklärte Bill seiner Mutter. Dann wandte sich der Ältere an Fred. “Wie kommt es, dass du schon auf den Beinen bist?” “Ah, Mum hat mich vor ein paar Stunden geweckt, weil George verschwunden ist.”, dabei deutete der Zwilling auf die Uhr, wo sich Georges Zeiger soeben über das Feld “unterwegs” in Richtung “zu Hause” bewegte.
Auch Molly Weasley folgte mit den Augen dem Weg des Zeigers. In dem Moment, als dieser dann auf “zu Hause” stehen blieb, gab es ein lautes Gepolter im Garten gefolgt von einem “Verdammte Schubkarre!” “Er wird doch nicht…?”, entsetzt riss Molly die Augen auf, beendete aber nicht ihren Satz und stürmte, gefolgt von den zwei Söhnen, in den Garten. Dort lag George, halb in der umgekippten Schubkarre voller Unkraut und mit einem Hand steckte er in einem Kürbis. Der Besen steckte mit dem Stil voraus zwischen zwei weiteren Kürbissen. “George Weasley!”, schrillte da auch schon Mollys Stimme durch den Garten. “H…Hey Mum.”, versuchte George zu lächeln. “Was glaubst du eigentlich, was du für Ärger am Hals hast?”, wollte sie wissen und stemmte die Hände in die Hüfte. Schuldbewusst zog George den Kopf ein, als er sich aufrappelte. Schnell hatte er die Schubkarre wieder aufgestellt und das Unkraut vom Boden aufgehoben. “Mum, bitte, lass es mich erklären!”, flehte er und streckte seiner Mutter den beschädigten Kürbis entgegen. “Was gibt es da groß zu erklären?! Du bist mitten in der Nacht einfach abgehauen! Wieder einmal! Ohne eine Nachricht! Ohne das dein Bruder wusste wo du bist!”, tobte Molly weiter, nahm aber den Kürbis an sich. “Ich hab eine Nachricht geschrieben, schon am Abend und dann in meine Hosentasche, damit ….”, dabei griff der Rothaarige in die Hosentasche und zog ein Stück zerknülltes Pergament hervor. “Oh. Ich habs vergessen auf den Küchentisch zu legen…” Noch bevor Molly ein Wort dazu sagen konnte, sprang Bill ein. “Wo warst du denn überhaupt?” “Bei Luce, meiner Freundin. Eigentlich wollte ich vor Sonnenaufgang zurück sein, aber wir haben verschlafen.”, murmelte George betreten.
Molly, die schon zur nächsten Schimpftriade ansetzen wollte, hielt für einen Moment inne. Sie wusste, von Fred, wie schlecht es George gegangen war, als seine Freundin so lange im Krankenhaus lag und niemand genau wusste, ob sie wieder aufwachen, geschweige denn, gesund werden würde. “Wie geht es Lucinda?”, fragte Molly stattdessen und führte George in die Küche. “Sie hat es recht gut weggesteckt. Körperlich ist sie aber noch etwas angeschlagen.”, erzählte George während er sich an den Küchentisch setzte. “Du solltest sie und ihre Eltern unbedingt zum Essen einladen. Ich hab ihre Mutter noch nicht kennen lernen dürfen.”, sprudelten die Worte aus Mollys Mund, während sie das Frühstück auf den Tisch stellte. “Mum… Luces Mutter ist… tot.”, murmelte George. “WAS?!”, kickste Molly und blieb wie erstarrt stehen. “Sie hat in einem Besentestzentrum gearbeitet und ist bei einem Unfall ums Leben gekommen.”, teilte Fred mit, da George gerade nur die Tischplatte anstarrte. “Darüber hab ich im Tagespropheten gelesen gehabt. Es sind viele Hexen und Zauberer verletzt worden, weil etwas explodiert ist. Zwei kamen ums Leben.”, wisperte Molly bedrückt. “Wie kommt Lucinda und ihr Vater damit zurecht?”, wollte die besorgte Mutter dann doch noch wissen. “Luce hat selbstverständlich getrauert, aber dann weiter gemacht. Wie es ihrem Dad damit geht, keine Ahnung. Als ich ihn vor ein paar Wochen im Krankenhaus gesehen habe, war er sehr blass. Lag aber vermutlich an Luces Zustand.”
Während Molly George ausfragte, hatte Bill sich flüsternd an Fred gewandt. “Was war denn mit dieser Lucinda?”, wollte der älteste der Weasley Söhne wissen. “Sie wurde von einem ehemaligen Mitschüler, der im übrigen auch ihr Ex ist, mehrmals mit dem Cruciatus belegt. George hat den Fluch auch einmal abbekommen. Während Georgie nach einer Woche wieder nach Hogwarts kam, lag Luce mehrere Wochen bewusstlos im St. Mungos.”, raunte Fred seinem Bruder zu. Verstehend nickte Bill. Dann bekamen die Beiden nur noch mit, wie Molly etwas vor sich hin nuschelte was so ähnlich klang wie “..Arthur ihn zu uns zum Essen einladen, wenn die Kinder in der Schule sind.” Nach und nach wurden auch die anderen Weasleys wach und trudelten in der Küche ein. Ein überraschtes “Bill!” kam Ginny über die Lippen und sie umarmte ihn stürmisch, während Ron da stand und den Mund nicht mehr zu bekam. Als auch Arthur am Esstisch platz genommen hatte, kamen die Familie nochmals auf Bills Besuch zu sprechen und darauf, dass er nun hier leben und arbeiten würde. Molly hingegen erwähnte mit keiner Silbe, dass George in der Nacht nicht zuhause war.