Unerwartete Ereignisse

Alleine stand Lucinda nun in ihrem Zimmer. Sie hoffte sehr, dass George keinen all zu großen Ärger mit seiner Mum bekommen würde. Da sie darauf aber keinen Einfluss nehmen konnte, machte sich die Brünette für den Tag fertig und machte sich dann an den Treppenabstieg. Langsam wurde es besser, ihre Muskeln gewöhnten sich wieder an die Bewegungen, dennoch war Lucinda außer Atem, als sie unten ankam und ihre Beine zitterten unkontrolliert. Im Wohnzimmer unterhielt sich Luce ein bisschen mit dem Portrait ihrer Mutter, ehe sie hinaus an die Klippen ging. Auf dem Weg zur Gedenktafel ihrer Mutter, pflückte sie ganz vorsichtig einige Pusteblumen. Als sie dann vor der Platte stand, fing Lucinda an zu sprechen. “Hey Mum. Dad hat ein Portrait von dir anfertigen lassen. Es ist wunderschön geworden. Und auch wenn ich mit deinem Bild sprechen kann, so fehlst du mir trotzdem sehr. Mir fehlen die Umarmungen und der Klapps auf den Hinterkopf, wenn ich wieder frech war. Meine letzten Sommerferien haben heute begonnen und jetzt steh ich hier, mit Pusteblumen in der Hand, weil wir die Sommerferien immer so begonnen haben. Vielleicht lässt du auch gleich ein paar Schirmchen fliegen, mir würde jedenfalls der Gedanke sehr gefallen. Ich hab dich so unglaublich lieb, Mum.”, flüsterte Lucinda mit Tränen in den Augen und pustete dann die Schirmchen über die Klippe zum offenen Meer. Ein Windstoß, vom Land kommend, trieb unzählige Pusteblumenschirmchen an Lucinda vorbei, von der Wiese aufs offenen Meer. Es war, als hätte Dora Bishop den Wunsch ihrer Tochter erfüllt und ebenfalls die Schirmchen fliegen lassen.

Den ganzen restlichen Tag hatte Lucinda nichts mehr von George gehört. Nervös tigerte sie Abends durchs Wohnzimmer und machte sich Sorgen um den Weasley. “Hey Spätzchen, wenn du so weiter machst, läufst du noch ein Loch in den Boden. Was ist denn überhaupt los?”, versuchte es Mr. Bishop um seine Tochter ein bisschen abzulenken. “Was, wenn Georges Mum ihn umgebracht hat?!”, fragte Lucinda hysterisch und sprach damit ihre größte Sorge aus. “Molly mag zwar ab und an aufbrausend sein, so wie ich sie kennengelernt habe. Aber, sie würde niemals einem ihrer Kinder schaden. Wie kommst du denn überhaupt auf die Idee, dass sie ihn umbringen könnte?”, beruhigte Samuel seine Tochter und zog die junge Erwachsene in eine tröstende Umarmung. “Es könnte vielleicht möglich sein, dass George heute Nacht hier war und wir etwas verschlafen haben und er deswegen ein klitzekleines bisschen zu spät nach Hause gekommen ist.”, gestand Lucinda und verzog dabei das Gesicht zu einer unschuldig-lächelnden Grimasse. “Ah. Ich verstehe. Er hat gesagt, er meldet sich bei dir und du hast noch immer nichts von ihm gehört.”, vermutete Samuel Bishop und traf damit voll ins Schwarze. “Du kannst ja morgen hinflohen oder du apparierst zum Fuchsbau. Die Weasleys haben bestimmt nichts dagegen, wenn du kommst.”, machte Samuel seiner Tochter den Vorschlag. “Klingt nach einem guten Plan. Soll ich uns Abendessen machen?”, änderte Lucinda das Thema um sich selbst abzulenken. “Ich hab eine bessere Idee. Wir machen draußen ein Feuer, rösten Würstchen und ich hab auch diese leckeren kleinen Schaumdinger besorgt, die du so liebst. Immerhin sind das deine letzten Sommerferien, die sollten wir zu was Besonderem machen.” “Die Schaumdinger heißen Marshmallows, Dad.”, lachte die Brünette, war aber mit dem Vorschlag einverstanden. So kam es, dass die zwei Bishops den Abend unten am Strand verbrachten. Mit einem Lagerfeuer über dem sie Würstchen und Marshmallows rösteten, Butterbier tranken, in die Sterne schauten und dem Rauschen der Wellen lauschten. Doch irgendwann durchbrach Lucinda die angenehme Stille. “Daddy? Nach der Weltmeisterschaft hast du gesagt, dass dunkle Zeiten auf uns zukommen werden. Wie dunkel werden diese Zeiten werden?”, fragte Lucinda, während sie in den nächtlichen Himmel blickte. “Nun.. ich fürchte, dass es so schlimm wie vor vierzehn Jahren werden wird, wenn nicht sogar noch schlimmer. Werwölfe und Trolle werden an seiner Seite kämpfen, für etwas was ER ihnen verspricht, aber nie einhalten wird. ER wollte damals schon, dass es nur reines Blut unter den Zauberern gibt und ER wird dieses Ziel auch dieses Mal verfolgen. Und wenn er keinen Wiederstand von der Zauberwelt mehr fürchten muss, wird er sich die Muggelwelt Untertan machen. Dabei wird er die versklavten Muggel aus Spaß an der Freude einfach so töten.”, murmelte Samuel Bishop leise. Aus den Augenwinkeln bemerkte Samuel, wie sich seine Tochter eine Träne fort wischte. Sanft legte er einen Arm um seine Tochter und zog sie näher an sich heran. “Es klingt grausam, ich weiß. Aber dieses Mal ist der Orden des Phönix von Anfang an existent. Albus hat schon Leute ausgesandt, die für unsere Seite rekrutieren, die die Geschehnisse bei den dunklen Wesen im Auge behalten und er hat sich schon mit den führenden Köpfen der Muggel in Verbindung gesetzt um sie zu warnen. Es wird alles wieder gut werden, auch wenn es vielleicht ein bisschen dauern wird.”, gab Mr. Bishop seiner Tochter Hoffnung. Nickend schmiegte sich die Brünette an ihren Vater. “Und wenn der Frieden wieder hergestellt ist, hoffe ich doch, dich in einem weißen Brautkleid zu sehen. Am besten noch mit einer schönen runden Murmel.”, lächelte Samuel versonnen. “Dad!?”, entrüstete sich Lucinda, musste aber dann doch leicht lächeln. “Reicht es nicht, dass Mums Portrait mich damit ärgert? Fang du damit nicht auch noch an. Ich bin erst 17, das hat noch Zeit.”, versuchte Lucinda das Thema zu umgehen. “Du wirst eben so schnell groß.”, seufzte Samuel, zog seine Tochter an sich heran und hauchte ihr einen Kuss auf den Haarschopf.

Der nächste Morgen brach erbarmungslos an und müde rieb sich Lucinda den Schlaf aus den Augen. Verwirrt blickte sie sich um, lag sie doch noch immer am Strand. Da fiel es ihr wieder ein. Ihr Vater war nach drinnen gegangen, während sie dem friedvollen Wellenrauschen noch eine Weile lauschen wollte, dabei muss sie wohl eingeschlafen sein. Sie klopfte sich den Sand aus den Kleidern, ehe sie ins Haus ging. Nachdem sich Lucinda für den heutigen Tag fertig gemacht hat, schrieb sie ihrem Dad eine Nachricht, da er noch schlief, dass sie im Fuchsbau war. Anschließend nahm sie eine Prise des Flohpulvers, warf es in den Kamin des Wohnzimmers, trat in die grünen Flammen und sprach laut und deutlich “Fuchsbau”.  Nur wenige Augenblicke später trat die brünette Ravenclaw aus dem Kamin. Ein ungutes Gefühl ließ Lucinda erzittern, war es im ganzen Haus mucksmäuschenstill. Weder das Tapsen von Füßen, noch ein gehauchtes Wort waren zu hören. “Wo sind denn alle?”, fragte sich Luce laut und sah sich neugierig im Fuchsbau um. “George? Fred? Mrs. Weasley?”, rief sie in der Hoffnung, dass doch von irgendwoher eine Antwort kam, doch es blieb alles still. Ein kalter Schauer lief ihren Rücken herab, weshalb Lucinda den Rückzug antrat. Zurück in Lightcliff kuschelte sich Luce aufs Sofa, klammerte sich an eines der Zierkissen und starrte in die nun rot-gelben Flammen des Kamins. So fand sie ihr Vater, als er ein wenig später ins Wohnzimmer kam. “Spätzchen? Ich dachte du wolltest zu den Weasleys. Ist was passiert?”, fragte Samuel und setzte sich neben seine Tochter. “Ich weiß es nicht, Dad. Das Haus war … leer. Es war einfach keiner da.”, murmelte Luce vor sich hin. “Vielleicht sind sie gemeinsam im Urlaub. Hast du mir nicht erzählt, dass sie vor zwei Jahren in Ägypten waren?”, mutmaßte Samuel. “Dann hätte George etwas gesagt. Nein, Dad. Da stimmt was nicht.”, beharrte Luce darauf. Seufzend fuhr sich Samuel mit der Hand durch die Haare. “Ich werde mich später darum kümmern. Albus müsste jeden Moment vorbei kommen um die weiteren Schritte zu besprechen.”, entschuldigte sich Luces Vater. Tief holte Luce Luft. “Schon okay. Eben eins nach dem Anderen. Jetzt ist erst deine Besprechung mit Professor Dumbledore und danach können wir heraus finden, was mit den Weasleys passiert ist.” Kaum hatte die Junghexe die Worte ausgesprochen, schlugen die Flammen im Kamin ins Grüne über und Professor Dumbledore trat heraus. “Ah, Lucinda, es freut mich, sie wohlauf zu sehen.”, grüßte der Schulleiter seine Schülerin und seine blauen Augen strahlten freudig. “Ich bin auch froh, wieder fit zu sein, Professor.”, bestätigte Lucinda, ehe sie sich mit den Worten “Ich bin in meinem Zimmer und lese etwas” verabschiedete, um die Erwachsenen nicht weiter zu stören. “Ich muss schon sagen, Samuel, deine Tochter ist ein sehr wohlerzogenes Mädchen. Anders als die Weasley-Kinder, die wollten gestern Abend tatsächlich bei dem Gespräch, dass ich mit Molly und Arthur geführt habe, dabei sein. Letzten Endes haben sie sogar gelauscht.”, gluckste Dumbledore vergnügt, als sie in das Arbeitszimmer von Samuel gingen. Als der Schulleiter von Hogwarts den Familiennamen der Weasleys in den Mund genommen hatte, hörte Samuel auf. “Du warst gestern noch bei Arthur und Molly?”, fragte Mr. Bishop nach. “Ja. Ich konnte Molly davon überzeugen, dass es für sie und die Kinder sicherer wäre, vorübergehend wo anders zu wohnen. Die Tatsache, dass einer ihrer Söhne direkt unter Fudge arbeitet, bereitet nicht nur mir Kopfzerbrechen. Und da sind wir auch schon beim eigentlichen Thema angelangt.” Die zwei Zauberer verbrachten mehrere Stunden in dem Arbeitszimmer. Nur einmal wurden sie durch ein Pochen an der Tür unterbrochen. “Komm rein.”, rief Samuel, da es ja nur seine Tochter sein konnte. Doch das Pochen verstummte nicht. Als Albus jedoch die Tür mit einem Schlenker seines Zauberstabs öffnete, stand dort keine Lucinda, nur ein Tablett mit Getränken und belegten Brötchen schwebte davor und verlangte um Einlass. Verschmitzt lächelte Dumbledore, als das Tablett sicher auf dem Schreibtisch gelandet war, stand doch auch eine Schälchen mit Zitronenbonbons mit drauf.

Erst einige Stunden nach Mittag, hatte Professor Dumbledore sich von den zwei Bishops verabschiedet. Sich mit den Fingern durch die Haare streifend, setzte sich Lucindas Vater aufs Sofa und klopfte auf den freien Platz neben sich. “Setz dich mal zu mir, Lou.”, forderte er, worauf hin nicht nur seine Tochter, sondern auch das Porträt von Dora verunsichert schaute. Normalerweise nutzte Samuel immer Kosenamen wie “Spätzchen” oder “Liebling”, dass er sie “Lou” nannte, wie es sonst immer ihre Mum getan hatte, bedeutete, dass es sich um etwas Ernstes handelte. “Ist was passiert?”, fragte Luce sogleich, als sie neben ihrem Vater saß. “Spätzchen… Ich… Also…”, stammelte Samuel vor sich hin. “Hat Professor Dumbledore schlechte Nachrichten gebracht?”, versuchte Luce ihren Vater zum Sprechen zu bewegen. “Ja.. Nein… Ich hatte dir versprochen, diese Sommerferien zu etwas ganz Besonderem zu machen. Jetzt kann ich dieses Versprechen nicht mehr einhalten und es tut mir Leid.” Luce kuschelte sich an ihren Vater. “Ist schon gut, Dad. Das gestern Abend am Strand, war etwas Besonderes und ich bin auch kein kleines Mädchen, was man die ganzen Ferien über bespaßen muss. Wenn du weg musst, dann versteh ich das doch. Ich kann ja immer noch etwas mit Holly unternehmen, jetzt wo wir wieder Freundinnen sind.” Kurz räusperte sich Samuel. “Das ist es ja gerade. Nicht ich muss gehen.”, murmelte er dann leise.  “Was?”, kam es schockiert von Lucinda und sie starrte ihren Vater mit großen Augen an. “Muss Lou wirklich gehen? Sie ist doch jetzt eine erwachsene Hexe. Gibt es denn keine andere Möglichkeit?”, fragte Doras Porträt besorgt. Samuel senkte den Kopf und schüttelte ihn leicht. “Leider nein. Die Aufgaben, mit denen Albus mich betraut hat, könnten dem Minister sehr missfallen, sollte er es herausbekommen. Und da Lou ja auch noch Schülerin von Hogwarts ist, wäre es denkbar, dass der Minister sie für seine Zwecke gegen uns einsetzen könnte.”, versuchte Samuel die Situation zu erklären. “Willst du damit sagen, der Minister würde mir etwas antun um euch zu erpressen?!”, entsetzte sich Luce und sämtliche Farbe war ihr aus dem Gesicht gewichen. “Lou, du bist das Wichtigste was ich noch habe und ich würde alles tun, damit es dir nur gut geht. Dessen ist sich auch Albus bewusst, weshalb er vorgeschlagen hat, dich für den Rest der Sommerferien ins Hauptquartier zu bringen. Dort wärst du außerhalb jeder Reichweite des Ministeriums, weil keiner außer den Ordensmitgliedern den Standort des Hauses kennt.” “Toll! Einfach großartig! Ich werde unter Hausarrest gestellt, obwohl ich erwachsen bin!”, rief Lucinda sarkastisch und warf die Arme in die Luft. “Ich weiß, das klingt alles andere als verlockend. Aber du stehst nicht unter Hausarrest. Du darfst das Haus auch verlassen, in Begleitung eines Orden-Mitglieds, oder zumindest, wenn einer in deiner Nähe bleiben kann. Außerdem wirst du ein paar interessante Leute im Hauptquartier treffen.”  Resignierend gab Lucinda nach. “Und was ist mit George und den Andern?”, fragte sie leise. “Ihnen geht es gut, hat mir Albus versichert. Und du wirst sie schon bald wieder sehen.” Den wissenden Unterton hatte Lucinda nicht wahr genommen, als ihr Vater sagte, dass sie die Anderen schon bald wieder sehen wird. Gemeinsam packten sie alles, was Lucinda brauchen könnte, in ihre kleine Umhängetasche mit dem Ausdehnungszauber. “Wann genau soll ich in dieses sagenumwobene Hauptquartier gebracht werden?”, fragte sie, als sie einen ganzen Stapel Bücher über alte Hexsprüche in der Tasche verschwinden lies. “Noch heute Abend. Albus wird dich persönlich hinbringen. Aber wir werden uns dort sehr häufig sehen.”, versprach Samuel seiner Tochter. Nickend nahm Lucinda es zur Kenntnis. Ein letztes Mal, zumindest für diese Sommerferien, trat Lucinda hinaus an die Klippen. Tief atmete sie den salzigen Geruch ein und ihr Blick schweifte über das Meer bis zum Horizont. Ja, sie würde diesen Anblick vermissen, wie sie ihn auch stets in der Schule vermisste. Doch eins war sich Luce bewusst. Solange Lightcliff bestand, würde ihr Weg sie immer wieder hierher zurück führen.

Gerade als Luce den Abendbrot-Tisch abdeckte, trat Professor Dumbledore aus dem Kamin im Wohnzimmer. “Guten Abend, miteinander.”, grüßte ihr Schulleiter. “Guten Abend Professor.”, erwiderte Luce, ehe sie die Teller sich selbst abspülen lassen lies. “Willst du etwas trinken, Albus?”, fragte Luces Vater, während er ein paar Kleinigkeiten vom Tisch räumte. “Danke nein. Mein Zeitplan ist etwas eng geworden, weshalb ich euch beide gleich bitten wollte, mit mir aufzubrechen.”, erklärte sich Professor Dumbledore. “Ich muss nur einen kleinen Umweg machen, da mir ein paar Spitzel aus dem Ministerium an den Fersen heften. Aber appariert ihr Beiden doch bitte zu dieser Adresse, ich treffe euch dort in wenigen Minuten.” Mit diesen Worten hatte Albus Dumbledore den zwei Bishops einen Zettel gegeben, war wieder in den Kamin getreten und war auf und davon. “Grimmauldplatz 12, London” stand auf dem Zettel. “Spätzchen, du weißt, wie du zu einem Ort apparierst, an dem du noch nie warst?”, fragte Samuel seine Tochter. “Ja Dad! Ich stell mir einen leeren Platz vor von ca. 1 Quadratmeter und behalte die Adresse im Kopf. Dann sollte nichts schief gehen.”, leierte Luce die Instruktionen herunter, die sie im Apparier-Kurs gelernt hatte. Wohlwollend nickte ihr Vater. “Richtig. Wo hast du deinen Schulkoffer?”, suchend blickte Samuel sich um. “Verkleinert in meiner Handtasche.”, schmunzelte Lucinda. “Na schön. Dann lass uns los.” Und mit zwei leisen Plops verschwanden die Bishops aus ihrem Haus.