Abschied von Ruffy

Wütend war kein Ausdruck, für das was Talea gerade empfand. Sie dachte wirklich, sie hätte sich verhört, als Law sagte, sie wird an Bord des Schiffes bleiben, doch der Chirurg hatte keinen Witz gemacht. Noch immer hallten seine Worte in ihrem Gehörgang nach.
“Sie schulden mir noch etwas, weil ich ihnen das Leben gerettet habe, Talea.”, hatte Law gesagt, während er seine Aufmerksamkeit auf ein Buch vor sich lenkte. “Ich habe nicht darum gebeten, dass sie mir helfen.”, protestierte die Grünhaarige und verschränkte bockig die Arme vor der Brust. “Und dennoch habe ich es getan und sie schulden mir etwas. Ich verlange nichts unmögliches von ihnen, Talea. Nur, dass sie an Bord meines Schiffes bleiben sollen.”
“Hey Tally, was ist los?”, fragte Ruffy, als die Grünhaarige grummelnd an ihm, Rayleigh und Jinbei vorbei stapfte. “NICHTS!” brüllte sie und verschwand in den Wald. “Nach ‘Nichts’ sah das aber nicht aus.” Sich am Kopf kratzend blickte Ruffy der Älteren nach, doch keinen Moment später war seine Aufmerksamkeit auf das Essen gerichtet, was die Amazonen heran schafften. “Hey Aphelandra! Ist das wieder das leckere Seekönigsfleisch in der hellen Soße?”, fragte der Strohhut die große Kuja-Kriegerin. “Ja Ruffy. Das ist unser berühmtes Penne Gorgonzola.” bestätigte diese und reichte Ruffy den ersten Teller mit Essen.
Sie wusste nicht, wie weit sie in den Wald hinein gelaufen war. Es hat Talea jedoch sehr gut getan und sie hatte sich soweit wieder beruhigt, dass sie klarer denken konnte. Kurz überlegte sie, ob sie es wagen könnte, sich in ihrer Phönixform zu wandeln und einfach auf und davon zu fliegen. Das Einzige, was sie jedoch davon abhielt war, dass sie nicht ohne Abschied von Ruffy zu nehmen, gehen konnte. “Vermaledeiter Mist aber auch!”, schimpfte sie vor sich hin und schlug mit der Faust gegen den nächst besten Baumstamm. Einige wenige Blätter schwebten daraufhin zu Boden, genauso wie vereinzelte Tränen von ihrem Kinn herab tropften. Wie konnte Law es wagen und einfach so über ihre Zukunft bestimmen. Außerdem war es keine Option für sie, mit einem Baby auf einem fremden Piratenschiff zu bleiben. Mit dem Handballen wischte sich Talea die Tränenspur aus dem Gesicht, strich sich die Haare aus dem Gesicht und richtete ihre Kleidung, bevor sie den Rückweg antrat. Sie würde das jetzt klären.Als sie jedoch an die Anlegestelle des U-Boots zurück kam, traute sie ihren Augen und Ohren nicht. Ruffy und Law standen sich gegenüber und Ruffy schrie sein Gegenüber an. “Es ist mir egal, ob es dir passt oder nicht! Tally ist meine Schwester! Wenn du sie gegen ihren Willen zu etwas zwingst oder sie traurig machst, dann bekommst du es mit mir zu tun!” Belustigt blitzten Laws Augen auf. “In deinem Zustand würde ich mich nicht so weit aus dem Fenster lehnen, Herr Strohhut. Ich sagte lediglich, dass sie auf dem Schiff bleibt. Zumindest sollte sie es solange in Erwägung ziehen, bis ihre Schwangerschaft beendet ist. Danach werde ich sie persönlich auf einer Insel ihrer Wahl absetzen.” Sofort entspannte sich Ruffys Haltung. “Piraten-Kapitän-Ehrenwort?”, fragte er und hielt Law die Hand hin. “Ich stehe immer zu meinem Wort.”, gab Law kühl wie eh und je zurück, schlug aber dennoch bei Ruffy ein. Fassungslos blickte die Grünhaarige die zwei jungen Piratenkapitäne an, welche einvernehmlich gegenüber standen. “Sagt mal, geht´s noch? Ihr könnt nicht über meinen Kopf hinweg über mein Leben bestimmen!”, schimpfte sie los. “Aber die beiden Grünschnäbel haben Recht.”, mischte sich nun auch Rayleigh ein. “Nicht du auch noch.”, flehte Talea und warf frustriert die Arme in die Luft, als sich der Vize der Roger-Piraten dazu gesellte. “Auch wenn es dir nicht gefällt. Dein Zustand wird es nicht mehr lange zulassen, dass du die andere Fähigkeit deiner Teufelskraft einsetzen kannst. Und selbst wenn, du müsstest mehr als nur eine Insel anlaufen. Mit jeder Insel, die du betrittst steigt die Wahrscheinlichkeit, dass dich jemand erkennt und die Marine auf den Plan ruft. Außerdem hast du kein Geld bei dir, als dass du dir etwas zu Essen oder gar eine Übernachtungsmöglichkeit leisten könntest. Wenn du allerdings mit dem Arzt reist, kannst du nur davon profitieren. Du sparst dir deine Kräfte auf. Bekommst Kost und Logis kostenlos. Hast jemanden, der Vorsorge leisten kann. Und du kommst an dein Ziel, ohne dass die Marine eine Spur von dir findet.”, zählte Rayleigh auf. Auch wenn es ihr nicht passte, Talea musste gestehen, das Rayleigh mit allem, was er sagte, Recht behielt. Widerwillig wandte sich die Grünhaarige an Law. “Und was verlangen sie dieses Mal als Gegenleistung für ihre Hilfe?”, fragte sie bissig. Ein diabolisches Grinsen breitete sich auf Laws Gesicht auf. “Nur ein bisschen Engagement ihrerseits. Sehen sie sich als meine Feldstudie zum Thema Schwangerschaft. Bis dato hatte ich noch nicht das Vergnügen, eine Schwangerschaft oder gar eine Geburt mit zu erleben. Natürlich werde ich nichts tun, was ihnen oder ihrem Kind Schaden zu fügt. Allerdings werden sie einige Untersuchungen über sich ergehen lassen müssen.”
Sie wog das für und wieder ab, doch letzten Endes sagte Talea dem Chirurgen zu. “Ich möchte aber meine eigene Kajüte haben. Und wenn es nur eine Besenkammer mit einem Bett darin ist.”, stellte Talea noch ihre Forderung, würde sie gewiss nicht weiter in Laws Kabine bleiben. “Die können sie haben. Oder sie können bei den restlichen Damen meiner Crew unterkommen.”, gab Law großzügig nach. “Wenn dann soweit alles geklärt ist, verabschieden sie sich bitte, Talea. Ich will endlich wieder in See stechen.” Kurz verdrehte die Grünhaarige die Augen. “Das kann ja noch lustig werden.”, murrte sie, bevor sie an Ruffy heran trat. “Pass auf dich auf, Ruffy. Mach Rayleigh keinen Ärger. Und vergiss bloß nicht, was wir besprochen haben.” Mit diesen Worten schloss Talea den Jüngeren in ihre Arme und drückte ihn ganz fest. “Ich werd es nicht vergessen. Sei vorsichtig und alles Gute für dich und dein Kind.”, schniefte Ruffy. So trennten sich ihre Wege. Während Talea mit Law und seiner Crew das U-Boot bestieg und unbekannten Zielen entgegen segelten, musste Ruffy sich noch einige Zeit schonen. So stand sie an der Reling des gelben Ungetüms und hatte Ruffy noch ein letztens Mal gewunken, als das U-Boot ablegte, doch dann hatte Shachi sie gebeten, rein zu kommen, weil der Kapitän abtauchen wollte. Ruffy verließ Amazon Lily erst drei Wochen nach den Heart-Piraten. Sein Weg führte ihn mit Jinbei und Rayleigh nach Marineford, wo er für eine grandiose Schlagzeile sorgte. Sein weiterer Weg führte ihn dann mit Rayleigh auf eine unbewohnte Insel im CalmBelt um zu trainieren.
Law hatte Talea sofort in eines der Behandlungszimmer zitiert, wollte er mit seiner Feldforschung nicht länger warten. Nach der Untersuchung, die zu Laws Zufriedenheit ausfiel, brachte er Talea zu ihrer Unterkunft. Die Grünhaarige wurde nicht in eine Besenkammer gesteckt, sondern Law hatte für sie ein kleines, aber gemütliches Zimmer, inklusive kleinem Bad, bereit gestellt. “Für die nächsten Monate wird das ihr Zimmer sein, Talea.”, hatte er gesagt und die Türe zu dem Kämmerchen geöffnet. Links hinter der Türe befand sich das Bett, gerade aus ein niedriges Schränkchen, welches Talea auch als Tisch missbrauchen konnte. Zur Rechten, wenn man ins Zimmer kam, befand sich das Bad mit Dusche, WC und Waschbecken. “Damit kann ich leben.”, beteuerte Talea, als sie ihr Reich in Augenschein nahm. “Sollten sie was brauchen, meine Kajüte ist am Ende des Ganges und dann Links. Ihnen gegenüber hat Ikkaku ihr Zimmer. Essen gibt es drei Mal täglich. Frühstück zwischen sechs und halb acht. Mittag um zwölf und Abendessen ab um achtzehn Uhr. Ihnen ist es gestattet, sich auf dem Schiff frei zu bewegen, jedoch sollten sie niemandem im Weg stehen.”, diktierte Law die Regeln. Des weiteren gab er bekannt, dass sie mindestens zwei Mal die Woche zu einer Routineuntersuchung erscheinen sollte und wenn sie sich nützlich machen wolle, könne sie das in der Küche tun. Dann lies Law Talea vorerst alleine.
Zuerst hatte die Grünhaarige sich im Bad etwas frisch gemacht, bevor sie auf Erkundungstour durch das U-Boot ging. Sie entdeckte einen Aufenthaltsraum, natürlich die Küche und das Speisezimmer, Lagerräume, den riesigen Maschinenraum und die ihr bekannten Behandlungsräume, in denen sie schon so viele Stunden verbracht hatte. Nun stand Talea irgendwo mitten im U-Boot und blickte in die verschiedenen Richtungen, die von ihrem Standpunkt aus, abgingen. Sie könnte weiter hinunter gehen, doch mehr als Lagerräume und vielleicht eine von Law genutzte Folterkammer würde sie bestimmt nicht finden. Von Links war sie eben gekommen, da war die Küche und das Esszimmer, zu Taleas rechten befanden sich die Behandlungsräume. Gerade aus waren die Mannschaftsunterkünfte. So blieb also nur noch der Weg nach oben. “Irgendwo in diesem verdammten U-Boot muss es doch einen Navigationsraum geben.”, fluchte die Grünhaarige vor sich hin, als sie die schmale Eisentreppe empor stieg. Die erste Türe, die Talea in dem neuen Gang öffnete, lies ihr Herz höher schlagen. Sie hatte eine Bibliothek gefunden. Das schönste aber an dem Raum war, das größere Fenster, mit der gepolsterten Sitzbank darunter. Hierher würde sich Talea wohl öfter verkriechen, entweder um zu lesen oder hinaus in das Meer zu starren und hin und wieder einen Fischschwarm zu sehen, der vorbei schwamm. Schweren Herzens löste sich Talea von dem Raum um sich weiter um zu sehen. Plötzlich ging ein starker Ruck durch das Schiff und brachte Talea dazu, gegen die Brüstung des Treppenaufgangs zu stolpern, war sie solche Turbulenzen nicht gewohnt. Wieder und wieder ging ein heftiger Ruck durch das U-Boot und die Grünhaarige hielt sich krampfhaft an dem eisernen Geländer fest. Dann wurde Fußgetrappel auf dem metallenen Boden, eine Ebene unter ihr, laut und Talea hörte zwischen den aufgebrachten Stimmen ein “Drecks-Seekönige” heraus. Also befanden sie sich noch im CalmBelt und diese riesigen Wasserschlangen griffen sie an. Für einen kurzen Augenblick hörten die Ruckler auf, weshalb sich Talea zurück in die Bibliothek flüchtete. Kaum hatte sie die Türe hinter sich geschlossen, gab es einen erneuten Ruck, der die Grünhaarige fast von den Füßen riss. Das Licht fing an zu flackern und wechselte letztlich von grellweis in ein rot und Sirenen heulten los. “Mechaniker und Zimmerleute auf Ebene Zwei Strich Zwölf. Leck in der Außenwand.”, tönte Penguins Stimme über einen Lautsprecher. Die Worte sickerten nur langsam in Taleas Verstand, und als sie dessen Sinn erfasst hatte, wurden ihre Kniee weich und sie sank zu Boden. “Wir werden sterben…”
Law, der, nachdem die Turbulenzen überstanden und das Leck abgedichtet waren, mal nach Talea sehen wollte, fand ihr Zimmer leer vor. “Ich hätte ihr nicht erlauben sollen, durch das Schiff zu stromern.”, seufzte er und begab sich auf die Suche nach der Grünhaarigen. Clione und Ikkaku kreuzten kurz darauf den Weg des Kapitäns. “Du siehst aus, als hättest du was verloren, Käpt’n.”, grinste Clione. “Das hab ich in der Tat. Hat einer von euch unseren Gast gesehen? Sie ist es nicht gewohnt, so durchgeschüttelt zu werden.”, erklärte sich Law. Doch die beiden Crewmitglieder schüttelten nur den Kopf. Fluchend ging Law weiter. Schon jetzt raubte ihm die Grünhaarige den letzten Nerv und er fragte sich, wie er das noch ein paar Monate aushalten sollte. Sein Weg führte ihn in Richtung Küche, immerhin hatte er ihr gesagt, wenn sie sich nützlich machen wolle, könne sie dort helfen. Doch außer Shachi war niemand in der Küche. “Weißt du wo Talea stecken könnte?”, hatte der Kapitän gefragt, aber nur ein Kopfschütteln zur Antwort bekommen. “Käpt’n, sie war aber kurz vor dem Seekönig-Angriff da und hat sich umgeschaut.”, gab Shachi den wertvollen Hinweis. Kaum war das letzte Wort ausgesprochen, hatte Law mit großen Schritten die Küche hinter sich gelassen. Als Law bei den Treppen ankam, überlegte er nicht lange und eilte die Stufen hinauf. Sein Blick huschte über die einzelnen Türen, die in diesem Gang abgingen. Den Steuerraum konnte er getrost ausschließen, Jean Bart hätte sie sofort wieder hinaus gejagt, somit entfiel auch der Navigationsraum, der nur über den Steuerraum betretbar war. Dann blieb Laws Blick auf der Tür zur Bücherei hängen. Nur für einen winzigen Moment hatte der Schwarzhaarige das Bild vor Augen, dass Talea unter einem umgekippten Bücherregal eingeklemmt war, worauf er in den Raum stürmte. Dort saß sie zusammen gekauert, zwischen den deckenhohen Regalen, und sah ihn mit tränenverschleierten Augen an. “Ich will nicht mit diesem Metall-Ungetüm untergehen, Law… Ich will nicht sterben.”, weinte sie, als der Schwarzhaarige neben ihr in die Hocke ging. Kurz zögerte der Chirurg des Todes, doch dann legte er der Grünhaarigen die Hand auf den Rücken und strich ihr beruhigend darüber. “Sie werden genauso wenig sterben, wie wir anderen. Das Leck ist abgedichtet und die Seekönige sind Geschichte. Es war für sie sicherlich das erste Mal, dass sie auf einem Schiff so durchgeschüttelt wurden. Die Crew weiß aber ganz genau, was sie in solchen Fällen zu tun hat.”, versuchte Law sie zu trösten. “Jetzt kommen sie erst einmal mit in die Küche. Shachi wird ihnen einen Tee machen, der wird ihre Nerven beruhigen.” Sanft zog Law die Grünhaarige mit auf die Beine, als er aufstand und geleitete sie eine Ebene hinunter und in die Küche. Und nach einer Tasse Tee sah die Welt für Talea doch gleich wieder besser aus.
Die Tage auf der Polar Tang vergingen wie im Flug und Talea hatte sich auf dem U-Boot eingelebt. Von der weiblichen Besatzung hatte sie sich vorerst ein paar Klamotten geliehen, weigerte sie sich doch beharrlich, einen dieser weißen Overalls zu tragen. Doch Talea würde nicht darum herum kommen, sich bald eigenen Kleidung zu zu legen, denn ihr Bauch würde schon bald größer werden. Als Law ihr dann auch noch die Zeitung mit Ruffy auf dem Titelbild eines Morgens vor die Nase hielt, spielten ihre Hormone komplett verrückt, wodurch sie freudig quietschend aufsprang und den sonst so mürrischen Kapitän einfach umarmte und ihm einen Kuss auf die Wange hauchte. Das hatte zur Folge, dass die restliche Crew sie anstarrte, als hätte sie ein Kapitalverbrechen begangen. “Oh… mein… Gott, sie hat den Käpt`n geknutscht!”, entfuhr es Ikkaku und sie krallte sich in Bepos Fell fest, der neben ihr saß. Dem Eisbären war wahrlich der Mund offen stehen geblieben und das Brötchen aus der Tatze gefallen. Und auch Law war wie erstarrt, damit hatte er definitiv nicht gerechnet gehabt.
An sich war das Zusammenleben auf dem U-Boot harmonisch. Wenn es nicht immer wieder zu lautstarken Auseinandersetzungen zwischen Law und Talea kommen würde. Inzwischen waren die Beiden auch von dem höflichen siezen, in ein anschreiendes duzen übergegangen, was meistens zu Taleas Gunsten ausfiel, was wiederum Law verstimmte und er seine Launen dann an der Crew ausließ. So hatte Law der Grünhaarigen auch verboten, weiter in der Küche auszuhelfen, als er sie dabei erwischte, wie sie einen Sack Kartoffeln auf die Theke hob. “Du sollst nicht schwer heben.”, hatte er mürrisch gebrummt. “Ich bin nur schwanger und nicht zerbrechlich!”, entgegnete Talea und wollte auch noch einen Sack Möhren hoch heben, als Law ihr dazwischen funkte. “DU… SOLLST… NICHT… SCHWER… HEBEN!”, fauchte Law und hob selbst den Sack Möhren auf die Arbeitsfläche. “Teufel noch mal! Das Zeug war NICHT schwer!”, fluchte Talea lautstark, als sie aus der Küche stapfte. “Du bist ab sofort vom Küchendienst entbunden!”, hörte sie noch Laws liebliche Stimme, bevor die Tür hinter ihr ins Schloss fiel.