Planänderung

Die Grünhaarige biss sich auf die Unterlippe, während sie den Teller vor sich anstarrte. “Ich weiß, dass es Marco Leid tut. Aber ich kann nicht mitkommen. Es geht einfach nicht.”, murmelte Talea vor sich hin.
“Wie soll ich dich denn beschützen, wenn du als feiges Huhn hier bleibst?”, fragte Ace wütend und er schlug mit der flachen Hand auf den Tresen, dass das Geschirr nur so klapperte.
Verschreckt sah Mara ihren Onkel an und dann füllten sich ihre Augen mit Tränen und ein lautstarkes “WUAH!” erfüllte die Bar, als das Mädchen zu weinen begann. Sofort wurde Aces Gesichtsausdruck weicher. Ganz sanft legte Ace seine große Hand auf den kleinen Kopf von Mara und schenkte ihr ein Lächeln. “Ich wollte dich nicht erschrecken. Entschuldige.” Das Geheul verstummte augenblicklich und Mara sah ihn aus großen Augen treuherzig an.
Jedoch wandte Ace sich mit ernstem Gesichtsausdruck an Talea. “Hasst du Marco so sehr, dass du lieber dein Kind in fremde Obhut gibst, anstatt dich mit ihr in den Schutz der Familie zu begeben?”, fragte er und seine Augen verschwanden im Schatten seiner Stirnfransen, als er den Blick senkte.

“Du willst Mara weggeben? Wohin denn?”, kam es entsetzt von Makino. Da in der Stimme der Barbesitzerin ein unheilvoller Ton mitschwang, zog Talea unbewusst den Kopf ein. Kleinlaut gab sie preis: “Ich hätte Mara bei dir oder bei Dadan gelassen. Ihr hättet sie, anstelle von mir, liebevoll großgezogen.” Erst danach beantwortete Talea die Frage von Ace. “Ich hasse Marco nicht. Sein Verhalten hat mich nur sehr enttäuscht und ich will kein weiters Mal enttäuscht werden.”, murmelte Talea vor sich hin. “Und wenn du erst einmal auf Probe zurück kommst? Wir liegen doch noch einige Tage vor Anker, solange könntest du doch auf der White Whale wohnen.” Die Stimme von Ace hatte etwas flehendes, denn er wollte seine Schwester nicht zurück lassen. Um den Cowboyhut-Träger nicht zu enttäuschen, gab Talea zumindest das Einverständnis ab, über das Angebot nachzudenken. Das breite Grinsen ihres Bruders machte Talea jedoch etwas Angst. Hatte er nicht genauso gegrinst, als sie in Yoi-Tabi zustimmte, ihn bis zur nächsten Insel zu begleiten?

Ace versprach, sich höchst persönlich um die Unterbringung von Talea und Mara zu kümmern, ehe er, ohne zu bezahlen, die Bar verließ. Mit offenem Mund blickte Talea dem Piraten hinterher. “Ich.. hab doch noch gar nicht zugestimmt…”, murmelte Talea überfordert, bis ihr bewusst wurde, dass Ace soeben die Zeche geprellt hatte. “Ace!”, zischte sie durch die Zähne, musste sie sich doch vor Mara zurückhalten, um nicht mit Flüchen um sich zu schreien. “Makino, setzt alles auf meine Rechnung.”, seufzte sie ergeben. Hinter vorgehaltener Hand kicherte Makino, jedoch wird sie sich hüten, die Rechnung auf Talea zu schreiben, immerhin hatte Ace gesagt, er lädt sie ein.

Mit Mara an der Hand, lief Talea durch das Dorf zurück nach Hause. Ihre Gedanken waren verworren. Sie erinnerte sich an die schöne Zeit, die sie auf der MobyDick verbracht hatte und gleichzeitig träumte sie davon, eine genauso schöne Zeit auf der White Whale zu haben. Immerhin zog sie es zumindest in Betracht, für ein oder zwei Tage auf das Schiff zu gehen, solange es vor Anker lag.

Erst als Mara mehrfach an der Hand ihrer Mutter zog, wandte sich Talea an ihre Tochter. “Was ist?”, fragte sie und ein liebevoller Ausdruck ersetzte das ernste Gesicht. “Da.”, sagte Mara nur und deutete nach vorne, wo zwei Frauen wild gestikulierten und immer wieder Taleas Namen riefen. Geschwind hob die Grünhaarige ihr kleines Mädchen hoch und eilte den beiden Frauen entgegen. “Alizza! Elena!”, grüßte Talea die beiden Krankenschwestern der Piratencrew freudig. Die Überraschung, Talea mit einem Kind auf dem Arm zu sehen, war den Beiden deutlich ins Gesicht geschrieben. “Du… Du hast… ein Kind.”, stellte Alizza nüchtern fest, war die Ähnlichkeit zu Talea doch unübersehbar. Das Lächeln, welches Taleas Lippen zierte, war voller Glück und Liebe.

Nur das Lächeln in Elenas Gesicht war etwas verzerrt. Sie erinnerte sich an die letzte Begegnung, als Talea mit ihnen noch auf dem Schiff war. Sie hatte sie in die Krankenstation gebracht und in Marcos Obhut gelassen. Als sie zurück auf die Station kam, war Talea ganz aufgelöst gewesen und von Marco war keine Spur zu sehen. “Was ist passiert?”, hatte sie gefragt und der Grünhaarigen beruhigend einen Arm um die Schultern gelegt. Es hatte lange gedauert, bis Elena aus der schluchzenden Talea die Wahrheit heraus bekommen hatte. “I… Ich bin… schw… schwanger… von Marco. A… Aber er… h… hat mich… a… allein gelassen.”, wimmerte Talea und sie vertraute sich somit voll und ganz der Krankenschwester an. Elena erinnerte sich daran, dass sie ihrer Freundin noch gut zu geredet hatte. Worte wie “Marco wird sich beruhigen und ein guter Vater für euer Kind sein.” kamen ihr damals so leichtfertig aus dem Mund. Das war der selbe Tag, an dem Talea die MobyDick wortlos verlassen hatte.

“Elena?”, fragte Alizza und sie fuchtelte mit der Hand vor den Augen ihrer Kollegin herum. Mehrmals blinzelte Elena, bis sie wieder im Hier und Jetzt angekommen war. In Elenas Kopf überschlugen sich die Gedanken und dann platzte es aus ihr einfach so heraus. “Das ist Marcos Kind, stimmts?”, fragte sie und schuldbewusst blickte Elena ihre Freundin Talea an. “Spinnst du? Wie kann das Kommandant Marcos Kind sein, wenn Talea schon so lange… “, doch mitten im Satz brach Alizza ab. Sie fing an, die Monate an den Fingern abzuzählen und wurde mit jeder Sekunde blasser. “Es stimmt. Mara ist Marcos und meine Tochter.”, murmelte Talea leise, doch der Blick für ihre Tochter, der noch immer voller Glück und Liebe war, blieb ungetrübt. 

Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu Taleas Haus. Dort saßen die drei Frauen auf der Veranda, tranken Kaffee und Talea erzählte zum wiederholten Male ihre Geschichte, während Mara im Garten spielte.

Derweil auf der White Whale

Ace rumorte in seiner Kajüte, als er seine Habseligkeiten zusammen suchte. Schmunzelnd stand Marco in der Tür und beobachtete ihn dabei. “Was genau hast du denn vor?”, wollte der Vize dennoch wissen, als Ace seine Kleidung in seinen grünen Rucksack stopfte. “Ich räum meine Kajüte, sieht man doch.”, kam es grinsend von dem Feuerbändiger. “Und warum?”, kam es irritiert von Marco, der sich darauf nun wirklich keinen Reim machen konnte. “Na, dass Talea sie mit Mara beziehen kann.”, kam die Antwort leichtfertig aus dem Mund des zweiten Kommandanten.

Eine steile Faltete bildete sich auf der Stirn von Marco. “Warum sollte Talea plötzlich an Bord des Schiffes kommen?”, fragte er misstrauisch nach. “Weil ich ihr das Versprechen abgenommen habe, dass sie darüber nachdenkt, für ein paar Tage an Bord zu kommen, solange wir noch hier sind. Und wenn sie sich dafür entscheidet, dann braucht sie ja auch ein Zimmer, oder nicht?”, erklärte Ace, was in seinem Kopf vor sich ging. Dieser Logik hatte Marco nichts entgegen zu setzen und insgeheim hoffte er tatsächlich, dass Talea sich dafür entschied, Zeit bei ihnen zu verbringen. 

“Und wo wirst du dann schlafen?”, hakte Marco dennoch weiter nach und konnte sich ein amüsiertes Grinsen nicht verkneifen. “Ähm ja, also da hab ich mir ehrlich gesagt jetzt noch nicht so die Gedanken darüber gemacht. Aber die paar Tage werde ich schon in einer der Mannschaftskajüten unterkommen.”, beteuerte Ace. Lächelnd schüttelte Marco den Kopf. “Du machst dir manchmal zu viele und manchmal zu wenige Gedanken, Ace. Wenn Talea tatsächlich an Bord kommt, kann sie das leere Oberschwestern-Zimmer beziehen. Dort hat sie mit Mara mehr als genug Platz und ein eigenes Badezimmer.” Mit diesen Worten drehte Marco der chaotischen Szene in Aces Kajüte den Rücken zu und schlenderte an Deck.

Zurück blieb ein äußerst verwirrter Ace. Nicht ohne Grund, wollte er seine Kajüte, die ja genau Marcos Kajüte gegenüber war, an Talea abtreten. Schließlich wollte Ace ja sichergehen, dass die Beiden sich über den Weg liefen und ihre Differenzen endlich ablegen konnten, doch der Blondschopf hatte ihm gerade einen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn das Oberschwestern-Zimmer war vermutlich der am weitesten von Marcos Kajüte entfernteste Ort auf dem ganzen Schiff. Schmollend packte Ace also seine Sachen wieder aus.

Whitebeard stand an Deck seines Schiffes und blickte ernst in Richtung der Insel. “Was ist los, Vater?”, fragte Haruta, die sich neben ihren Pops stellte und ebenfalls auf die Insel blickte, die ruhig vor ihr lag. “Die Gemütsverfassung auf der Insel hat sich verändert. Eine erdrückende Spannung liegt in der Luft.”, brummte Whitebeard, dem dieser Umstand überhaupt nicht gefiel. “Soll ich meine Division auf die Insel schicken, damit sie nach dem Rechten sehen sollen?”, fragte Haruta und sie runzelte die Stirn, da sie nichts von der veränderten Stimmung wahr nahm. “Nein, ich möchte, dass das Schiff für jede etwaige Eventualität vorbereitet wird. Egal ob für einen Angriff oder einen schnellen Rückzug.”, gab Whitebeard die Anweisung.

Wieder bei Talea und den Krankenschwestern

Die Grünhaarige war aufgestanden und ins Haus gegangen, um Kaffee-Nachschub und ein paar Knabbereien zu holen.
Kaum hatte sie einen Schritt in die Küche gemacht, da wurde sie bereits von zwei starken Armen umschlungen. “Bin ich froh, dass du hier bist.”, hauchte Vizeadmiral Garp erleichtert. “Was ist los, Großvater?”, wollte Talea wissen und senkte dabei unbewusst die Stimme. “Angehende Cipherpol Agenten haben auf der anderen Seite der Insel angelegt. Sie sind auf dem Weg hier her, um dich gefangen zu nehmen.”, flüsterte Garp und zog Talea in den fensterlosen Flur des Hauses. “Hör mir zu, Talea. Ihr müsst so schnell wie möglich von hier verschwinden. Mit diesen Agenten ist nicht zu spaßen. Sie nehmen Zivilisten als Kollateralschaden hin, nur um in eine der Cipherpol Gruppen aufgenommen zu werden. Wenn Corby nicht in den Bergen trainieren würde, hätten wir viel zu spät von dieser Bedrohung erfahren. Aber jetzt musst du mit Mara so schnell wie möglich verschwinden.”

“Was wird aus dir, Corby, Hibari und den ganzen Dorfbewohnern?”, fragte Talea verzweifelt nach. “Mach dir deswegen mal keinen Kopf. Mir wird da schon was einfallen. Versprochen!” Die Tatsache, dass Garp bereits einen Seesack mit Taleas und Maras Sachen gepackt hatte, machte die Dringlichkeit erst richtig klar. Schwer schluckte die Grünhaarige, als sie die Tasche an sich nahm und schulterte. “Pass auf dich auf, Großvater.”, hauchte sie und drückte dem alten Mann einen Kuss auf die Wange, dann rannte sie in den Garten, wo Mara, Elena und Alizza auf sie warteten.
“Erklärungen gibt es später! Jetzt müssen wir so schnell wie möglich verschwinden!”, rief Talea während sich auf ihrer Handfläche bereits eine kleine schillernde Kuppel bildete, die sich rasend schnell vergrößerte. Und mit einem “Shambles” verschwanden die vier weiblichen Personen aus dem Garten und zurück blieben nur ein paar Sandkörner.