Die Zeit läuft ab
Das Gespräch mit Corby hatte Talea mal wieder aufgezeigt, dass sie Whitebeard und die anderen mehr als schmerzlich vermisste. Das es ihr fehlte, die Meere zu bereisen, Städte zu entdecken, ihre betrunkenen Nakama grölen zu hören und sich in dem bunten Haufen Gesetzloser geborgen zu fühlen. Gleichzeitig erinnerte Talea sich aber auch an den kalten Blick und die harschen Worte Marcos, als er ihre Schwangerschaft zur Kenntnis nahm. Und eine kalte Leere breitete sich in ihrem Herzen aus, wenn sie daran dachte, dass sowohl Thatch als auch Ace tot waren und die Beiden sie nie wieder zum Lachen bringen würden. Wiederum wurde ihr Herz mit Wärme erfüllt, wenn sie an Garp und Dadan dachte, beide waren zu einem Teil ihrer Familie geworden. Und wie nett sie im Dorf aufgenommen wurde, als sie auf der Insel ankam und dass sie hier in Makino eine gute Freundin gefunden hatte.
Der Zwiespalt in Talea war geweckt worden und sie wusste nicht, was sie tun sollte. Leise schlich sie sich in ihr Zimmer, wo Mara friedlich schlief und von den Sorgen ihrer Mutter nichts mitbekam. Vorsichtig um sie nicht zu wecken, setzte sich die Grünhaarige an den Bettrand und strich mit einer Fingerspitze eine Haarsträhne aus dem Gesicht ihres Mädchens. “Wir haben es hier doch gut, oder? Und wir sind in Sicherheit. Uns fehlt es auch an nichts. Also gäbe es keinen Grund, warum wir hier weg sollten, stimmts?”, flüsterte Talea leise, mehr um sich selbst davon zu überzeugen, als dass sie von der schlafenden Mara eine Antwort erwartete.
Ohne groß darüber nachzudenken, oder gar auf die Uhrzeit achtend, schnappte sich Talea ihre Teleschnecke und wählte. Es läutete lange und eigentlich wollte die Grünhaarige gerade wieder auflegen, als doch noch abgenommen wurde. “Heartpiraten, Shachi hier.”, kam es müde durch die Schnecke. “Hey Shachi, hier ist Talea. Hab ich dich geweckt?”, fragte sie schuldbewusst. “Aber nicht doch. GÄHN. Hab die Teleschnecke nur nicht gleich gefunden. GÄHN. Und letzte Nacht nicht wirklich geschlafen. GÄHN. Aber sag, wie kommen wir GÄHN zum Anruf deiner Ehre?”, wollte Shachi wissen und gähnte herzhaft.
Über den Versprecher musste Talea tatsächlich schmunzeln. “Eigentlich wollte ich nur ein paar bekannte Stimmen hören und ein bisschen reden. Aber so wie du dich anhörst, gehörst du dringend ins Bett.”, nuschelte Talea. “Soll ich dir den Captain holen?”, wollte Shachi dann etwas wacher wissen, war ihm der traurige Unterton in der Stimme von Talea nicht entgangen. “Nein, nein! Es war eine dumme Idee, so spät anzurufen. Ich werd einfach morgen Vormittag oder die nächsten Tage nochmal anrufen.”, versuchte Talea den Piraten abzuhalten, Law zu wecken, nur weil sie gerade nicht wusste, was sie eigentlich wollte.
“Nicht nötig.”, tönte da plötzlich Laws Stimme aus dem Lautsprecher der Teleschnecke. “Shachi geh ins Bett, ich übernehm. Also, was ist los, Talea?”, wollte der Chirurg des Todes ernst wissen, hatte die Grünhaarige doch nur ein einziges Mal bei ihnen durchgeklingelt, seit sie auf Dawn abgesetzt worden war. “Wie ich Shachi schon gesagt habe, ich wollte ein paar vertraute Stimmen hören und ein bisschen reden. Wenn es ungelegen kommt, dann sag es einfach.”
Verächtlich schnaubte die Teleschnecke und sah Talea mit einem durchdringenden Blick an. “Du hättest nicht angerufen, wenn es nicht in irgendeiner Weise wichtig wäre. Also spucks aus.”, forderte Law, der es sich auf einem Stuhl gemütlich gemacht hatte. Seufzend fuhr sich die Grünhaarige durch die lange Seite ihrer Haare. “Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll, Law. Whitebeard weiß inzwischen, dass ich wohlauf und hier auf der Insel bin. Und sie werden hier her kommen. Angeblich könnten Mara und ich mit auf Whitebeards Schiff, aber ich weiß nicht ob ich das will. Ob ich das könnte.”, sprach sie sich ihren Zwiespalt von der Seele. “Wegen Maras Vater.”, warf Law seine Vermutung dazwischen, und er konnte sich denken, worauf das Gespräch hinaus laufen würde. Darum fuhr er fort: “Hör mal, Talea. Du hast, wenn du von Whitebeard erzählt hast, immer von einem gütigen Vater gesprochen. Und als solcher, will er sich bestimmt nur vergewissern, dass es dir und deiner Tochter gut geht und dich nicht zwingen, auf sein Schiff zurück zu kehren. Wenn du aber von vornherein keine Begegnung willst, dann werde ich meine Männer wecken und wir kommen euch sofort abholen.”
Die Ernsthaftigkeit in Laws Stimme lies keinen Zweifel zu, dass er das genauso machen würde, wie er gesagt hat. Er würde die Polar Tang sofort zurück nach Dawn steuern, wenn Talea es wünschte. “Das ist ja gerade der springende Punkt. Ich weiß nicht, ob ich sie sehen will.”, resignierte Talea. “Irgendwie hatte ich gehofft, dass ich durch ein Gespräch mit Freunden wieder etwas klarer sehe. Aber ich bin noch immer hin und her gerissen. Hättest du mir vielleicht einen Rat, was ich tun kann?”, fragte Talea nun gerade heraus, weil sie wirklich nicht mehr weiter wusste.
“Wenn du wirklich meinen Rat willst, dann tritt den Whitebeard-Piraten entgegen. Zeig Maras Vater, dass du eine starke Frau und eine gute Mutter bist, die ihren Weg auch alleine gehen kann. Sei der Dickschädel, der du auch bei mir an Bord warst. Sie werden deine Entscheidung, wo ihr bleiben wollt, akzeptieren müssen. Wenn nicht, dann bekommen sie es mit mir zu tun.”, äußerte sich Law. Kurz lies sich Talea die Worte durch den Kopf gehen, bevor sie sichtlich erleichtert ein “Danke” nuschelte. Selbstgefällig grinste die Teleschnecke. “Wie hast du all die Jahre bloß ohne mich überlebt?”, kam es belustigt aus dem Lautsprecher, wurde dann jedoch wieder ernst. “Egal was kommt, Talea, du bist mir jederzeit willkommen.”
Bei Laws lieben Worten musste die Grünhaarige tatsächlich leicht schniefen. “Idiot. Wo treibt ihr euch eigentlich gerade rum? Von euch stand in letzter Zeit nichts mehr in der Zeitung.”, warf Talea dem jüngeren Piraten aber dann doch noch vor. “Noch sind wir auf der Grandline, aber in wenigen Tagen werden wir in die Neue Welt übersetzen. Und in den kommenden Tagen wird ein vermutlich größerer Artikel über mich in der Zeitung erscheinen. Mach dir mal wegen uns keinen Kopf, es verläuft soweit gerade alles nach meinem Plan.”, sprach Law geheimnisvoll. “Na da bin ich gespannt.”, murmelte Talea mehr für sich selbst, als dass sie mit Law redete.
Die Beiden sprachen noch eine ganze Weile miteinander, bis Talea zu gähnen anfing. “Du solltest wohl auch besser ins Bett.”, schmunzelte Law. “Wäre das Beste. Und du, mach nicht mehr so lang. Bestimmt hast du wieder doppelt und dreifache Augenringe.”, nuschelte Talea. Mit dem Versprechen, sich wieder zu melden, legte Talea dann auf und kuschelte sich neben ihre schlafende Tochter.
Ihre Nacht war von Alpträumen geprägt. Immer wieder fand sich Talea vor ihren ehemaligen Nakama wieder, die sie beschuldigten, für Thatchs und Aces Tod verantwortlich zu sein. Sie träumte davon, dass ein gesichtsloses Mitglied ihrer Piraten-Familie, Mara an die Marine auslieferte, wo das kleine Mädchen sofort hingerichtet wurde. Und sie träumte von Marco, der sie immerwährend mit einem verachtenden Blick strafte.
Mit dem ersten Morgengrauen schlurfte Talea in die Küche und machte sich einen extra starken Kaffee. Noch bevor sie den ersten Schluck zu sich nehmen konnte, ertönte ein lautes “kriiiärr” von der Fensterbank, auf der die Zeitungsmöwe saß und auf sich aufmerksam machte. Gähnend nahm Talea die Zeitung entgegen und bezahlte die Möwe, welche sich mit einem weiteren Krächzen in die Lüfte erhob und dem Sichtfeld der jungen Frau verschwand.
An ihrem Kaffee schlürfend überflog Talea die Überschriften der Artikel auf der Titelseite. “Vorbereitungen in Mary Joa für die Reverie beginnen.” “Zwölf weitere Kinder werden vermisst.” “Brennende Mülltonne richtet hohen Schaden an” “Revolutionsarmee in Saint Urea eingefallen.” “Neuer Shichibukai, Trafalgar Law” “Siedlung auf Mirrorball überschwemmt, 40 Haushalte betroffen” “Mindestens 10 Tote bei Minenunglück”
Prustend spuckte Talea das schwarze Gebräu wieder aus, von dem sie gerade einen großen Schluck genommen hatte, da ihr Gehirn die Information endlich verarbeitet hatte. “Shichibukai?!”, kam es entsetzt von ihr und ihre Augen suchten nach dem dazugehörigen Artikel.
“Neuer Shichibukai, Trafalgar Law
Der Rookie Trafalgar Law, der Teil der schlimmsten Generation ist, wurde zu einem der neuen Shichibukai ernannt, da er der Marine hundert schlagende Herzen von gefürchteten Piraten lieferte. Sein Kopfgeld betrug 440 Millionen Berry, ehe es eingefroren wurde.
Zudem wurde Buggy der Clown ebenfalls zu einem Shichibukai ernannt, um die offenen Stellen zu besetzen.
Aus dem Amt enthoben wurden Jinbei, Ritter der Meere, wegen seiner Weigerung, gegen Whitebeard in den Krieg zu ziehen. Und auch Gecko Moria verlor seinen Status als Samurai der Meere. Diese Entscheidung kam von oberster Stelle.
Don Quichotte de Flamingo, Boa Hancock, Blackbeard, Buggy der Clown, Trafalgar Law, Dracule Mihawk und Bartholomew Kuma bilden zusammen den Teil der Drei-Macht, der als Shichibukai oder auch Sieben Samurai der Meere bekannt ist.”
“Blackbeard.”, zischte Talea, als sie den Namen in der Zeitung las. Wegen diesem Fettsack war Ace in Impel Down gelandet und letzten Endes gestorben. Durch Blackbeards Hand war Thatch gestorben. Sie würde ihm nie verzeihen. Um auf andere Gedanken zu kommen, blätterte Talea weiter in der Zeitung, bis sie auf einen Artikel stieß, der sie schaudern lies.
“Whitebeard-Piraten auf der Grand Line gesichtet
Das Schiff von Whitebeard wurde, nach neusten Informationen, am Hafen der Insel Antora gesichtet. Laut Zeugenaussagen wurde beobachtet, wie ein junges Mädchen das Schiff unter Tränen verlassen hat. Wo sich die junge Dame momentan aufhält und ob sie eine Einwohnerin Antoras ist, konnte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, noch nicht herausgefunden werden. Eine Spezialeinheit der Marine wird sich um diese Angelegenheit kümmern.
Zudem hat Whitebeard die Insel in sein Territorium aufgenommen. Am Hafen Antoras weht weit sichtbar, der Jolly Roger der Whitebeard-Piraten. Was den Piratenkaiser dazu veranlasst hat, eine Insel auf der ersten Hälfte der Grandline, für sich zu beanspruchen, konnte ebenfalls noch nicht herausgefunden werden. Die Einwohner sind nicht besonders wohlhabend, dass es sich dabei um gute Einnahmen handeln könnte, die durch Schutzgelder erlangt werden. Noch gibt es besondere Ressourcen, die für die Piraten von Wert sein könnten.
Ob noch weiter Inseln der Grandline folgen, bleibt abzuwarten. Wir werden Sie auf dem Laufendem halten.”
“Wieso hat Pops Antora unter seinen Schutz gestellt? Könnte es wegen Sada, Kai und Auri sein? Hoffentlich ist den Dreien nichts passiert.”, kreisten Taleas Gedanken, dass sie gar nicht mitbekam, wie Garp gähnend in die Küche kam. Auf dem Arm hatte er Mara, die ihm immer wieder fröhlich ins Gesicht patschte. “Dein Gnom hier, hat mich gerade besucht.”, und mit diesen Worten setzte er Mara der Grünhaarigen direkt vor die Nase und auf die Zeitung. “Oh! Guten Morgen.”, nahm Talea es zur Kenntnis, ehe sie sich ganz ihrer Tochter widmete. “Hast du etwa Opa Garp geweckt? Und wie bist du denn überhaupt aus deinem Bettchen gekommen?”, fragte sie mit einer Singsang-Stimme, die sie immer anschlug, wenn sie mit ihrer Tochter sprach.
“..wegt… wegt…”, freute sich Mara und patschte ihre Hänchen vergnügt zusammen. “Oba wegt!” In diesem Moment wurde Taleas Herz ganz warm, war es doch das erste Mal, das Mara nicht nur irgendwelche Laute von sich gab, sondern fast schon sprach. “Hat sie gerade ‘Opa’ gesagt?”, fragte Garp sogleich nach, konnte er es nicht glauben, was er soeben gehört hatte. “Ja.”, hauchte sie. Die Liebe und der Stolz in Taleas Stimme war nicht zu überhören. Vergessen waren die Artikel über Law und die Whitebeards, vergessen war der Groll gegen Blackbeard, in diesem Moment zählte einzig und allein Mara.
Und so fanden Corby und Hibari, welche eine Stunde später in die Küche kamen, Garp und Talea vor, die immer wieder “Ma-Ma” und “O-Pa” sagten und die kleine Mara dabei erwartungsvoll ansahen. “Entschuldigt bitte, aber was macht ihr da?”, fragte Hibari neugierig. “Sie hat vorher Opa gesagt.”, teilte Garp glücklich mit und er grinste dabei von einem Ohr zum Anderen. Dann fiel ihm wohl wieder ein, weshalb Corby eigentlich mit auf Dawn war, weshalb er ihn erst einmal kurzerhand zum Holzhacken schickte um “warm” zu werden. Er selbst frühstückte erst einmal ausgiebig mit Talea, Mara und Hibari.
Nachdem auch Garp wieder hinter der Zeitung hervor gekommen war, musterte er Talea genau. Natürlich war ihm der Artikel mit Whitebeards Aufenthaltsort nicht entgangen. “Antora also. Wenn sie nicht noch irgendwelche Schlenker zu anderen Insel machen, könnten sie in zwei Monaten hier sein. Ich rechne allerdings eher mit drei Monaten.”, überlegte Garp laut vor sich hin und rieb sich dabei das Kinn. “Nun ja, bis dahin ist noch ein bisschen Zeit. Ich geh jetzt Corby unterrichten.”, so stand Garp auf und lies die Mädchen allein.
“Drei Monate…”, nuschelte Talea und lies den Kopf geknickt hängen. Drei Monate konnten schnell vorbei gehen und noch immer wusste Talea nicht, ob sie sich auf ein Wiedersehen freuen oder dem Ganzen bange entgegen sehen sollte.