Schlechte Nachrichten
Es war der Abend des 30. Oktober, als Lucinda schnatternd mit Hermine in Richtung Große Halle unterwegs war. “Hast du gesehen, Viktor Krum hat sich heute in den Studierstunden für das Trimagische Turnier beworben.”, Schwärmte Hermine. “Ich mag seinen Akzent, der ist irgendwie niedlich.”, Lachte Lucinda hinter vorgehaltener Hand. Hinter den beiden Mädchen räusperte es sich. “Professor Dumbledore!” Überrascht hatten sich die Mädchen zu ihrem Schulleiter umgedreht. “Miss Bishop, könnte ich mit ihnen unter vier Augen sprechen?”, Fragte Dumbledore und sah die Schülerin über seine Halbmondbrille hinweg an. “Natürlich, Professor.”, Bestätigte die Ravenclaw. “Wir sehen uns dann heute Abend.” Mit diesen Worten verschwand Hermine.
Vorsichtig dirigierte Professor Dumbledore die Ravenclaw in ein leeres Klassenzimmer. Nur am Rande bemerkte Lucinda, dass es das Verwandlungs-Klassenzimmer war. “Miss Bishop, das was ich ihnen jetzt sage, wird sehr… unangenehm.. für sie werden. Bitte setzen sie sich.” Mit einem ungutem Gefühl in der Magengegend, ließ sich Lucinda auf den erst besten Stuhl sinken. “Professor?”, Wollte sie wissen, dabei konnte sie nicht verhindern, dass ihre Stimme zitterte. “Miss Bishop, es tut mir sehr Leid. Vorhin hat mich ein Eule erreicht, vom Leiter des Testlabors, in dem ihre Mutter tätig war.” Dumbledore hatte den Blick gesenkt. “N..Nein.. NEIN!”, Stammelte Lucinda zuerst, bevor sie entsetzt aufschrie. “Hören sie, Lucinda, es war ein Unfall. Einer der Zauber ging daneben und ..” Doch weiter kam der Schulleiter nicht. Die Brünette war aufgesprungen. Hatte ihr Gehirn diese Information doch schneller verarbeitet, als ihr lieb war. “Es interessiert mich nicht, ob es ein scheiß Unfall war, oder nicht! Meine Mum ist tot!”, kreischte Lucinda und dann gaben ihre Beine nach und sie sank auf den Boden. Tränen rannen ihr über das herzförmige Gesicht. Dumbledore kniete sich neben seine Schülerin und nahm sie in den Arm. Beruhigend strich er ihr über den Rücken. “Ihre Mutter hatte nicht gelitten, falls das ein Trost für sie ist, Lucinda. Kommen sie, ich bring sie in den Krankenflügel. Madam Pomfrey hat bestimmt einen Nerven beruhigenden Trank für sie.”
Professor Dumbledore hatte Lucinda mit auf die Beine gezogen, als er aufgestanden war. Auch führte er sie über Wege und Treppen in den Krankenflügel, auf denen ihnen niemand begegnete. “Du meine Güte, was bei Merlin ist passiert?”, wollte die Heilerin wissen, als Dumbledore mit der Schülerin eintrat. “Ich musste Miss Bishop hier, leider die schlechte Nachricht überbringen, dass ihre Mutter bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, Poppy.”, sprach Dumbledore leise zu der Heilerin. Bestürzt schlug Madam Pomfrey die Hände vor den Mund. “Oh nein! Keine Sorge, Liebes, ich habe einen Trank da, der deine Nerven stärkt. Das lindert aber leider nicht den Kummer. Und für heute Nacht misch ich dir einen Schlaftrank. Traumlos, aber erholend.” Schon wuselte die Heilerin in ihr Büro und kam mit dem Nerven stärkendem Trank zurück.
Nachdem Lucinda diesen zu sich genommen hatte, durfte sie den Krankenflügel wieder verlassen. “Ich bring dir später den Schlaftrank vorbei, Liebes. Davon nimmst du dann vor dem Schlafen gehen vier Löffel voll.”, hatte Madam Pomfrey noch gesagt, ehe sie wieder in ihr Büro verschwunden war, um den Schlaftrank zu brauen.
Beim Abendessen vermisste Hermine ihre Freundin. “Hat einer von euch Lucinda gesehen?”, Wandte sie sich an Harry und Ron. Doch die schüttelten nur den Kopf, hatten beide die Backen voll mit Pudding. “Fred? George? Hat sie einer von euch gesehen?”, Wollte Hermine nun von den Zwillingen wissen. “Nicht seit ..” “…heute im Unterricht.”, Verneinten die Zwillinge.
Nun machte sich Hermine doch richtige Sorgen. “Harry, könntest du vielleicht mal auf der Karte nachsehen?”, bat sie nun. “Sobald wir wieder im Gemeinschaftsraum sind.”, versprach Harry und füllte sich seine Puddingschüssel nochmals bis zum Rand.
Die fünf Gryffindor standen um die Karte des Rumtreibers. “Sie ist nicht da!”, stellte Ron überflüssigerweise fest. “Das kann nicht sein…” “…Die Karte zeigt einfach jeden…” “..wo er ist…” “… was er gerade macht…” “…jeder Minute…” “…an jedem Tag.” sprachen die Zwillinge abwechselnd. “Vielleicht ist Lucinda dann nicht mehr in Hogwarts.”, brummte Harry. “Wo sollte sie sonst sein?”, fauchte Hermine. Da keiner eine Antwort wusste, packte Harry die Karte wieder weg.
Die Zwillinge standen an einem der Turmfenster. “Wenn sie über einen Geheimgang…”, überlegte George, führte seinen Gedanken aber nicht zu Ende. “Glaub ich nicht. Eher der verbotene Wald.”, widersprach Fred. Dann sahen sich die Zwillinge an. “Das Quidditch-Feld!”, riefen sie zeitgleich.
Zügig liefen die Beiden in Richtung des Spielfeldes. Von weitem sahen sie schon eine zierliche Gestalt, die mit ihrem Besen übers Feld jagte. Als sie sich näherten,erkannte Fred, dass es tatsächlich Lucinda war, die da übers Feld flog. In der Hand hielt sie einen Treiber-Schläger und “DONG!”, wieder hatte sie auf einen sich nähernden Klatscher eingeschlagen. “Du weißt aber schon, dass Quidditch dieses Jahr ausfällt?!”, rief Fred zu der Fliegerin hinauf, doch sie reagierte nicht darauf. “Außerdem bist du Jägerin und keine Treiberin!”, pflichtete George seinem Bruder bei. Wieder kam ein Klatscher auf die Ravenclaw zugeflogen. Weit holte sie aus, das Schlagholz krachte auf die verzauberte Eisenkugel und dann barst das Holz. Der zweite Klatscher kam hinterrücks angeflogen und noch ehe einer der beiden Weasleys reagieren konnte, riss der Klatscher Lucinda von ihrem Besen. Mühsam rappelte sie sich auf, noch immer das geborstene Schlagholz in der Hand. Wieder kamen die Klatscher und sie schlug mit aller Kraft, die sie noch aufbringen konnte auf die Eisenkugeln ein. Schwer atmend zog Lucinda ihren Zauberstab. Ihre Hand zitterte vor lauter Überanstrengung. “Stupor!” Schon fielen die Eisenkugeln zu Boden, hatten die Zwillinge die Klatscher einfach geschockt. “Hey Luce! Warum warst du nicht beim Abendessen?”, wollte Fred wissen und trat näher an die Brünette heran. Laut zog er die Luft ein, was George aufsehen lies, hatte dieser doch gerade die Klatscher wieder in die Quidditch-Kiste verstaut. “Warum zur Hölle hast du dich freiwillig den Klatschern ausgesetzt?”, brüllte Fred Lucinda an, packte sie an den Oberarmen und schüttelte sie leicht, da Lucinda nicht reagierte. Zwar hob sie den Kopf, aber sie sah durch Fred hindurch. George war zu den Beiden getreten, und er schluckte schwer, als er Lucinda sah. Ihr Gesicht war zerschrammt und die Unterlippe aufgeplatzt. Das schlimmste war aber, dass ihre sonst so grünen funkelnden Augen vollkommen leer waren. Er vermochte sich gar nicht vorstellen, wie blau ihr Körper erst sein musste, trug Lucinda rein gar nichts der Quidditch-Schutzausrüstung. “Episkey.”, murmelte George und hatte den Zauberstab auf Lucinda gerichtet. Die aufgeplatzte Lippe verheilte in Sekunden, auch die Kratzer verschwanden sofort. Und hoffentlich auch alle anderen blauen Flecke und Blutergüsse.
Die Zwillinge hatten Lucinda in die Mitte genommen und stützten sie, als sie zum Hauptportal herein kamen. George trug noch zusätzlich ihren Besen. Die drei hatten noch keine fünf Schritte in die Eingangshalle gemacht, da kam Paul Weinig, der Vertrauensschüler von Ravenclaw, die Große Treppe herunter. “Lucy? Ich hab es gerade erfahren. Es tut mir so Leid!” Schon zog der Blonde die Brünette an seine Brust. “Danke, dass ihr Lucy gefunden habt.”, sprach Paul leise. Herzzerreisende Schluchzer durchschnitten die Stille in der Halle und Lucinda klammerte sich an die Brust von Paul und weinte heiße Tränen. “Komm Lucy, ich bring dich hoch. Madam Pomfrey hat mir vorhin deinen Trank gegeben, weil sie dich nirgendwo finden konnte.” Mit diesen Worten dirigierte Paul die aufgelöste Lucinda nach oben. Die Weasleys lies er einfach stehen. Und in den Köpfen der Zwillinge kreisten tausend Fragen.
Getuschel setzte am nächsten Morgen ein, vorallem bei den Mädchen, denn Lucinda sah nicht gut aus. Sie war unnatürlich blass und ihre Haare hingen kraftlos und strähnig herab.
Während die Brünette beim Frühstück in ihrem Rührei herum stocherte, näherte sich ihr die schwarzhaarige Holly Gutherz, die im Haus Hufflepuff war. “Lou? Das mit deiner Mum tut mir so Leid. Ich wünschte, ich könnte so einiges ungeschehen machen. Und dass du heute einen schönen 17. Geburtstag hättest.”, flüsterte Holly und setzte sich neben Lucinda auf die Bank. Erschöpft lehnte sich Lucinda an ihre ehemals beste Freundin, die sofort einen Arm um sie schlang. “Mum wollte mir heute einen Kuchen schicken… Und sie hat gesagt, sie schickt mir einen Heuler, der mir ihr Happy Birthday vorsingt.” Traurig lächelte Lucinda bei der Vorstellung. “Das wäre so typisch Dora gewesen.”, pflichtete Holly ihr bei. Die Schwarzhaarige lehnte ihren Kopf an Lucindas. “Ist zwischen uns wieder alles gut?” “Ja.”
Da schwebten die Posteulen und ein Rabe herein. Shadow flog direkt auf Lucinda zu, warf den Brief ab, den er im Schnabel trug und machte es sich dann auf ihrer Schulter bequem. Es war ein schwarzer Umschlag, der vor Lucinda lag. “Bestimmt von deinem Dad.”, mutmaßte Holly. Mit zittrigen Fingern öffnete die Ravenclaw den Brief. “Die Beisetzung findet morgen Vormittag statt. Professor Dumbledore weiß bereits Bescheid.”, nuschelte Lucinda, als sie den Brief gelesen hatte.
Drei Augenpaare am Gryffindor-Tisch beobachteten Lucinda an diesem Morgen genau. Ein Paar gehörte Hermine, die wusste, das heute Lucindas 17. Geburtstag war. Wollten die zwei Mädchen sich doch eigentlich gestern auf dem Astronomie-Turm treffen und um Mitternacht gemeinsam anstoßen. Doch nachdem Fred und George ihr Abends erzählt hatten, wo und vor allem in was für einem Zustand, sie Lucinda gefunden hatten, war Hermine klar gewesen, dass etwas schreckliches passiert sein musste.
“Sie hat einen schwarzen Brief bekommen.” Bedrückt sah George seinen Zwillingsbruder an. “Was bedeutet ein schwarzer Brief?”, wollte Harry neugierig wissen. “Ein schwarzer Brief, Harry..”, fing Hermine an zu erklären, wurde aber von den Zwillingen unterbrochen. “…kommt nur,…” “…wenn ein direkter Familienangehöriger,…” “…gestorben ist.” Schwer schluckte Harry. Er hat Lucinda in der einen Ferienwoche sehr gern gewonnen. “Professor Dumbledore muss es ihr gestern Abend gesagt haben.”, schlussfolgerte Hermine. Dann starrte die junge Gryffindor auf ihren Teller. “Nicht mal Malfoy hätte so einen beschissenen Geburtstag verdient, wie Lucinda ihn heute hat.”, murmelte sie vor sich hin. Augenblicklich rückten die Köpfe von Fred und George zu Hermine. “Luce hat heut Geburtstag?”, fragten die Zwillinge entsetzt. “Ja, ihren 17.”, bestätigte Hermine.
Während des Vormittags-Unterrichts fehlten die Weasley-Zwillinge. Erst zum Mittagessen tauchten sie wieder auf und sie grinsten um die Wette.
Während der Studierstunde setzten sich die beiden Rotschöpfe neben Lucinda. “Hey Luce.”, flüsterte Fred. “Unser tiefstes Beileid zum Verlust.”, flüsterte nun George und drückte kurz die Hand von Lucinda. Mit einem leichten Nicken tat die Ravenclaw es ab. “Wir haben dir noch ein kleines Geschenk zu deiner Volljährigkeit.”, mit diesen Worten legte George ein schmales Schächtelchen vor die Brünette. “Falls es dir nicht gefällt, George hat es ausgesucht. Nur damit du weißt, wen du verhexen musst.”, raunte Fred und sah, wie sich Lucindas Mundwinkel zu einem klitzekleinem Lächeln verzog. Dann hob sie den Deckel der Schachtel ab und in dem Karton lag, auf dunklem Samt gebettet, eine silberne Kette mit einem runden Kristall-Anhänger, in dem der Schirmchen-Samen einer Pusteblume gefangen war. “Die ist wunderschön.”, hauchte sie. “Bei den Muggeln wir die Blume auch… ” “…Wünschelblume genannt. Denn…” “…wenn man sich etwas wünscht…” “…und dabei die Samen in den Wind pustet… ” “… soll sich der Wunsch erfüllen.”, erzählten die Zwillinge leise. Eine stumme Träne rann über Lucindas Wange, denn als kleines Kind hat sie gerne diese kleinen Schirmchen gefangen, wenn der Wind sie in die Luft gewirbelt hatte. Dazu hatte Dora Bishop ihr immer ein kleines Lied vorgesungen. >>Wir pusten bis sie fliegen. Bis sie Flügel kriegen. Wie pusten sie vom Stängel, dann fliegen sie wie Engel. Schirmchen flieg los.” Bedächtig legte Lucinda sich die Kette um den Hals. “Das ist das schönste Geschenk, dass ich jemals bekommen habe.”, schniefte sie leise.
Am Abend gab es, wie üblich zu Halloween, ein Festessen. Nach dem Essen, als alle gesättigt waren, trat Dumbledore wieder an sein Rednerpult. “Die Zeit ist gekommen, dass der Feuerkelch die drei Champions für das Trimagische Turnier wählt!” Nachdem die Worte in der Halle verklungen waren, erloschen alle Kerzen auf einmal. Der Feuerkelch leuchtete jetzt heller als alles andere.
“Jetzt geht´s los!”, wisperte Lee und deutete auf den Feuerkelch, dessen blauweiße Flammen sich rot verfärbt hatten. Ein Pergamentfetzen flog aus dem Kelch, welchen Dumbledore auch so gleich auffing. In der Halle war es mucksmäuschenstill geworden, als ob jeder den Atem anhalten würde.
“Der Champion für Durmstrang”, las Dumbledore mit kräftiger Stimme vor, “ist Viktor Krumm.” Beifall und Jubel brach in der Großen Halle aus und Viktor Krumm stand vom Slytherin-Tisch auf und ging zu Professor Dumbledore nach vorne, der auf eine Türe hinter dem Lehrertisch zeigte. Noch während Viktor Krum hinter der Tür verschwand, verfärbten sich die Flammen ein weiteres Mal rot. Ein zweites Pergament flog hoch. “Champion für Beauxbatons”, sagte Dumbledore, “ist Fleur Delacour.” Das Mädchen, welches anmutig aufstand, sah einer Veela so ähnlich. Sie warf ihr silbrig blondes Haar zurück, als sie zwischen den Ravenclaws und Hufflepuffs hindurch glitt.
Lucinda rollte mit den Augen, denn zwei Mädchen aus Beauxbatons, die es nicht geschafft hatten, als Champion ausgewählt zu werden, zerflossen in Tränen und vergruben schluchzend die Köpfe in den Händen.
Fleur war gerade in der Kammer hinter dem Lehrertisch verschwunden, da legte sich eine Stille über die Halle, die zum Greifen nahe war. Jetzt fehlte nur noch der Name des Hogwarts-Champions. Das Feuer verfärbte sich wieder rot, Funken sprühten aus der Glut, eine Flamme züngelte hoch und aus ihrer Spitze zog Dumbledore das dritte Pergament. “Der Hogwarts-Champion”, rief er, “ist Cedric Diggory!” Mit einem breiten Grinsen stand Cedric auf und ging schnellen Schrittes auf die Kammer hinter dem Lehrertisch zu. Der dröhnende Beifall begleitete seinen Weg und ausnahmslos alle Hufflepuffs waren aufgesprungen, als Cedrics Name viel.
Beschwichtigend hob Dumbledore die Hände. “Die drei Champions sind ausgewählt. Ich bin sicher, dass alle, die nicht ausgewählt wurden, ihren Champion mit aller Kraft anfeuern und unterstützen… ” Plötzlich verstummte Dumbledore und keinem entging, was ihn ablenkte.
Der Feuerkelch verfärbte sich ein viertes Mal rot. Das angekohlte Pergament schwebte langsam zu Boden. Schnell griff Dumbledore nach dem Pergamentschnippsel und las stumm den Namen, ehe er sich räusperte und laut las – “Harry Potter.”